Feierabendplansch in Belgien: Sportoase Philipssite Leuven

  • Was macht man, wenn man auf Schulung in Belgien ist, nach dem Unterricht? Die meisten werden jetzt sagen: "Pommes und Stoofvlees essen und Bier trinken". Das ist hier auch tatsächlich gut möglich, aber heute wollten sich meine Kollegen mal ausruhen und auch ich hatte nicht solche Lust darauf. Ich stieß zufällig auf eine Werbung für die Sportoase, stellte fest, dass es in Leuven auch ein Bad dieser Gruppe gibt und auf der Website steht etwas von "twee glijbanen", also Grund genug, mal ein Stündchen planschen zu gehen.
    Das Bad ist ab dem Bahnhof gut zu erreichen, vom Busbahnhof fahren die Busse der Linien 601 und 630 die Haltestelle Parkpoort an, von wo man das riesige Gebäude bereits sehen kann. Der Eingang befindet sich auf der anderen Seite, man muss noch etwa 500m durch einen Park laufen.
    Die Sportoase ist ein großes Sportzentrum, das unter einem Dach nicht nur das Freizeitbad, sondern auch andere Sportmöglichkeiten anbietet, unter anderem ein Fitnessstudio und eine Tanzschule. Auch für die Liebhaber des "Thekensports" ist mit dem Restaurant etwas vorhanden *g*
    Mit ging es aber um das Bad. Karten dafür bekommt man am Informationsschalter gleich am Eingang, eine Erwachsenen-Tageskarte kostet 6,60 Euro, was ich für das gebotene durchaus OK finde. Der Eingang befindet sich unscheinbar hinter einer Stahltür, die eher wie der Eingang in eine Fabrikhalle aussieht. Hier muss man sich erst einmal vorn die Schuhe ausziehen und dann barfuß zur Umkleidekabine laufen. Diese sind in ausreichender Menge vorhanden und auch schön sauber. Ansonsten ist der Bereich eher zweckmäßig. Die Garderobenschränke werden mit einem 2-Euro-Stück als Pfand verschlossen.
    Wie in BeNeLux üblich, kommt man danach zu den Duschen, die sich in einer Reihe im offenen Bad befinden, und muss dann durch ein Fußreinigungsbecken, wie sie sonst in Freibädern üblich sind, ins Bad gehen. Als Badekleidung darf man hier fast alles tragen - auch lose Shorts, solange sie oberhalb der Knie enden.


    Das Bad ist praktisch in zwei Bereiche aufgeteilt - einerseits das 25m-Becken im Sportbereich, andererseits der Erlebnisbereich. Dass ein solches Sportzentrum kein 50m-Becken hat, finde ich etwas seltsam, aber ich vermute, dass es dies ursprünglich einmal hatte, das Erlebnisbecken später nachgerüstet und die Schwimmbahnen im Zuge dessen auf 25m verkürzt wurden. Mit 8 Bahnen ist trotzdem genug Platz da, es waren aber heute nur vier davon für den öffentlichen Betrieb freigegeben, davon eine Schnellschwimmbahn. Die andere Hälfte, leider inklusive der Sprunganlage, war Vereinen vorbehalten.
    Das Erlebnisbecken war aber uneingeschränkt zugänglich, und darum ging es mir auch. Hier gibt es in wechselnder Wassertiefe die üblichen Attraktionen wie einen relativ familienfreundlichen Strömungskanal, Bodensprudler, Schwallduschen und Massagedüsen. Es ist außerdem der Ladebereich für die Rutschanlage.


    Und diese ist hier außergewöhnlich. Wenn man sich die Rutschanleitung anschaut, macht sich erst einmal Ernüchterung breit - sind hier doch nur drei eher kleine Rutschen angegeben, die Kinderrutschen vermuten lassen: Eine mit 13,3m Länge bei 1,3m Höhe, eine mit 19m Länge bei 3,3m Höhe und eine Breitrutsche mit 8m Länge bei 3,4m Höhe. Doch das täuscht: Hier hat man versucht, eine Art Wildwasserbahn zu bauen! Es ist beeindruckend, wie kreativ man hier drei absolute 08/15-Rutschen zu einem Gebilde zusammen gebaut hat, das einen extrem hohen Wiederholungsfaktor hat und mir mehr Spaß gemacht hat, als manches stumpfe 100m-Helixgeschwurbel.
    Die Bahn fängt auf etwa 5m Höhe an, wo man wildwasserbahntypisch in ein Startbecken steigen muss, welches etwa knietief ist. Hier kann man durch Bullaugen herunter in den Sportbereich schauen. Der Beckenüberlauf ergießt sich in die erste Rutsche, die 13,3m lange. Diese ist eine Boer T09, also sie besteht aus den Bahnteilen der 900mm-Turborutsche von Boer / Wiegand-Maelzer. Sie verläuft als langsamer, langgezogener Linksbogen und endet mit einer Art Plumpsauslauf in einem Zwischenbecken. Rutscht man hier auf dem Rücken, kann man hier sogar unter Wasser gezogen werden, wenn auch nicht so stark wie auf "echten" Wildwasserbahnen. Dafür hat sie aber auch nur den leichten Schwierigkeitsgrad. Das Höhenprofil dieses Zwischenbeckens ist unterschiedlich - an den Rändern ist es etwas abgeschrägt, so dass man nicht wirklich durchwaten kann, weil man immer auf Untiefen tritt und mitunter umfällt. Ein lustiger Effekt, und das mit relativ wenig Ressourcen. Nach links ergießt sich der Beckenüberlauf dann in die Breitrutsche, welche keine Welle hat und sehr steil ist. Man wird hier ordentlich schnell und landet mit einer heftigen Fontäne. Das ist fast schon eine Mini-Freefall! Geht man im Zwischenbecken stattdessen nach rechts, verflacht es sich auf 70cm, hier startet dann die zweite Röhrenrutsche, eine 19m lange T12, die ihre Höhe von 3,3m mit Turborutschengefälle abbaut - also haben wir hier eine kleine Turborutsche mit normalem Röhrendurchmesser. So etwas bin ich 1999 im Djurs Sommerland das letzte Mal gerutscht! Auch diese wird durch den Beckenüberlauf bewässert. Die Rutschfahrt ist entsprechend kurz und knackig, man beschleunigt trotz der geringen Länge gehörig und fühlt sich durch den großen Durchmesser richtig "außer Kontrolle". Es sollte mehr Turborutschen mit 1200er Durchmesser geben! Die Landung erfolgt via Sofaauslauf - ein Plumps wäre hier natürlich lustiger gewesen, aber auch in Belgien wird immer "sicherer" gebaut.
    Eine Rutschenanlage, die es so sicher kein zweites Mal gibt und absolut genial gemacht ist. Wieder nach dem klassischen Grundsatz "kreativ sein und viel aus wenig zaubern".
    Neben dieser "halben Wildwasserbahn" gibt es noch die in BeNeLux recht üblichen Dampfbadekabinen, die hier im Eintrittspreis enthalten sind. Man kann sie durch Knopfdruck starten. Eine kleine Textilsauna rundet das Angebot dann noch weiter ab.


    Fazit: Ein Bad, für das sich keine extra weite Anreise lohnt, das man aber durchaus mal auf die Schnelle "mitnehmen" kann, wenn man sich in der Region Brüssel aufhält.


    Meinung: Die AquaMagis-Leitung sollte mal eine Dienstreise nach Leuven unternehmen, sich dieses Bad als "Lehrstück" ansehen, und anstatt noch weiterer exotischer Kapazitätsgurken mit sehr begrenzter Zielgruppe wie diese Steh-Rutschen mal über so eine Rutschlandschaft in groß nachdenken. Mit mehreren und unterschiedlichen Rutschen, verschiedenen Höhenniveaus und einem durchgehenden Theming (Piratentheming bietet sich an, davon sind bereits Ansätze vorhanden) könnte das eine einzigartige Attraktion in Deutschland und sogar Europa werden. Ergänzt man das ganze um Stege, Hängebrücken und Waterplayhouse-Elemente hätte man auch etwas völlig einzigartiges und exotisches, mehr noch als bei einem neuen Rutschentyp. Die Kapazität davon wäre hoch, und man hätte eine familientaugliche Attraktion, die auch Rutschenfans gefallen dürfte - also einen echten "One Stop Shop" für viele Zielgruppen - und könnte damit die Massen, die sich an vollen Tagen in diesem Bad stapeln, sehr gut wegschaffen.


    Sollte ich mal eine Belgientour machen, ist die Sportoase Philipssite Leuven definitiv Teil davon.